Sie ist der Stolz der Sozialdemokratie. Diese große rote Fahne, auf deren Vorderseite ein Eichenkranz mit Schleife zu sehen ist sowie ein ineinander verschlungenes Händepaar. Dazu die Inschrift : »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Einigkeit macht stark. 23. Mai 1863. Ferdinand Lassalle.«
Das Datum weist auf die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins in Leipzig hin, der Geburtsstunde der Sozialdemokratie. Vorsitzender war Ferdinand Lassalle. 10 Jahre später wurde die Fahne in einem Breslauer Versammlungssaal eingeweiht, zur Feier des Jubiläums.
Diese Fahne hat viel gesehen. Und viel Treue erfahren. Lange Jahre war sie vor aller Augen versteckt, vergraben in einem Schrebergarten und später in ein Öltuch gewickelt in einem Keller. Während der Nazi-Zeit war das, als die Nazis versuchten, dieses starken Symbols der Sozialdemokratie habhaft zu werden. Schon vorher, während der Zeit des Bismarckschen Sozialistengesetzes (1878 bis 1890) war die Fahne versteckt, im Ausland, in London.
Eine große Rolle für die Fahne spielte der Breslauer Brunnenbauer Karl Simon. Im Januar 1945 übernahm er die Verantwortung. Nach Kriegsende erschien ein russischer Offizier bei ihm und wollte die Fahne sehen. Ein von den Russen verhafteter Breslauer hatte als Beweis dafür, Antifaschist zu sein, das Versteck der Fahne verraten. Simon gab unter der Bedingung nach, dass er die Fahne behalten dürfe. Bald darauf kam der Offizier in Begleitung einiger Soldaten wieder. Beim Anblick der Fahne salutierten die Russen mit erhobener Faust. Wenige Tage später kam der Offizier erneut. Er bot Simon im Tausch für die Fahne einen Waggon mit Lebensmitteln. Simon lehnte ab.
Im Februar 1946 wurde die Fahne ein letztes Mal verborgen. In einem Molkerei-Sack zwischen Bettzeug. So brachte sie Karl Simon von Breslau nach Nürnberg. Beim dortigen Parteitag der SPD im Sommer 1947 nahm sie dann der Vorsitzende Kurt Schumacher in Empfang, dessen Sarg sie im August 1952 bedeckte.
Seit 1946 musste die Fahne nicht mehr versteckt werden. Und das soll für alle Zeit so bleiben.